Burg Kino /// 04. Juli 2024 /// „Kinds of Kindness”
Am 4. Juli 2024 kam der achte Film „Kinds of Kindness“ von Regisseur Yorgos Lanthimos in die österreichischen Kinos. Erst fünf Monate zuvor brachte er seinen kritischen und kommerziellen Erfolgsfilm Poor Things (2023) auf die Leinwand. Mit seinem neuesten Werk kehrt Lanthimos gemeinsam mit Efthimis Filippou als Drehbuchautor zurück. Der letzte Film des Autoren-Duos war Killing of a Sacred Deer (2017). Kinds of Kindness ist ein Anthologie-Film, der aus drei herrlich absurden, surrealen und grotesken Kurzfilmen besteht.
Im ersten Kurzfilm wird Roberts (Jesse Plemons) von seinem Chef (Willem Dafoe) in allen Lebensbereichen kontrolliert. Nachdem sein Chef ihm befiehlt, einen Mann in einem Autozusammenstoß zu töten, weigert Robert sich. Danach gerät sein Leben aus den Fugen.
Im zweiten Kurzfilm wird die Meeresbiologin Liz (Emma Stone) nach einem Schiffsbruch vermisst. Als sie gefunden wird und in ihr altes Leben zurückkehrt, ist ihr Ehemann Daniel (Jesse Plemons) fest davon überzeugt, dass die zurückgekehrte Liz nicht seine Frau ist.
Im dritten Kurzfilm träumt Emily (Emma Stone) von einer Frau (Margaret Qualley), die sie vor dem Ertrinken rettet. Überzeugt davon, dass diese Frau die Fähigkeit hat, die Toten wiederzubeleben, macht sich Emily mit ihrem Partner Andrew (Jesse Plemons) auf die Suche nach ihr.
Mit Kinds of Kindness kehrt Yorgos Lanthimos zu seinen Wurzeln zurück. Lanthimos hat mit The Favorite (2019) und Poor Things bewiesen, dass er sowohl die breite Masse als auch Kritiker vergnügen kann. Seine letzten beiden Filme waren mehrfach Oscar-nominiert. Mit Kinds of Kindness schließt er thematisch an seine älteren Filme an. Absurd, surreal, unheimlich und verstörend sind Adjektive, die häufig verwendet werden, um einen Yorgos Lanthimos Film zu beschreiben. Kinds of Kindness ist da keine Ausnahme. Gesellschaftliche Normen und Regeln werden aus dem Fenster geworfen, und die dargestellte Welt wirkt vertraut, aber gleichzeitig fremd und verstörend.
Entscheidungen werden für andere Menschen getroffen. Was sie essen dürfen, mit wem sie eine Beziehung eingehen und wie oft sie Geschlechtsverkehr haben (dürfen) wird von jemand anderem kontrolliert. Wenn diese Entscheidungsinstanz wegfällt, bricht das Konstrukt des gewohnten Lebens zusammen. Finger werden abgeschnitten, gekocht und den Liebsten serviert. Hunde nehmen die Rollen der Menschen ein, und eine Sekte sucht nach einer Person, die die Toten zum Leben erwecken kann.
Lanthimos erzählt diese schrägen Situationen mit unkonventionellen Aufnahmen. Nahaufnahmen von Gesichtern werden aus seltsamen Perspektiven gefilmt, was zu einer verzerrten Wahrnehmung führt. Als Zuschauer fühlt man sich, als ob man in eine Ecke gedrängt wurde und das Geschehen von dort aus betrachten muss. Dadurch wirkt der Film noch ausgefallener, als er ohnehin schon ist.
Gedreht wurde im amerikanischen Bundesstaat New Orleans. Das amerikanische Leben wird aus einer europäischen Sichtweise dargestellt, was den Film von herkömmlichen amerikanischen Produktionen abhebt. In der ersten Episode stehen große graue Gebäude im Vordergrund. In der zweiten Episode wird das amerikanische Vorortleben gezeigt, und in der letzten Episode spielt die Geschichte auf der Straße, in Motels und an der Küste. Der irische Kameramann Robbie Ryan, der seit The Favorite mit Lanthimos zusammenarbeitete, fing die Bilder auf analogem 35mm-Film ein. Dies verleiht dem Film eine greifbare Textur und die Farben knallen. Kinds of Kindness ist nach Poor Things der farbenfrohste Film von Lanthimos. Auffällig bunte Kostüme, Requisiten und Drehorte machen jeden Frame zu einem Augenschmaus.
Jesse Plemons, der zum ersten Mal in einem Film von Yorgos Lanthimos mitspielt, stiehlt in allen drei Kurzfilmen die Show. Sein Schauspielstil passt perfekt zu den surrealen Situationen. Nicht umsonst wurde er dieses Jahr in Cannes als bester Schauspieler ausgezeichnet. Es ist somit nicht überraschend, dass Plemons auch im nächsten Film von Lanthimos eine Rolle übernehmen wird.
Yorgos Lanthimos bringt mit Kinds of Kindness wieder seine einzigartige Vision brillant auf die Leinwand. Fans seiner früheren Werke wie Dogtooth (2009), The Lobster (2015) und Killing of a Sacred Deer (2017), die er mit Efthimis Filippou geschrieben hat, werden von diesem fast dreistündigen Film nicht enttäuscht sein.
Kinds of Kindness
Regie: Yorgos Lanthimos
Drehbuch: Yorgos Lanthimos, Efthimis Filippou
Kamera: Robbie Ryan
Musik: Jerskin Fendrix
Seit 4. Juli 2024 in den österreichischen Kinos
Fotos: © 2024 Searchlight Pictures All Rights Reserved