Schauspielhaus Wien // 08. Oktober 2024 // Capri
Eine junge, aufsteigende Autorin hat nicht mehr viel Zeit… Die Deadline rückt immer näher. Das Buch muss bald fertiggeschrieben werden. Der Verlag drängt. Geplagt von einer erschöpfenden Schreibblockade, sucht die Autorin Inspiration in einem Koffer, gefüllt mit Erinnerungen ihrer Mutter. Dort findet sie das Bild eines Mädchens im Urlaub. Die Autorin hat eine Idee: Sie fährt mit ihrer Mutter in den Urlaub, um die gemeinsame Beziehung zu vertiefen und aufzufrischen. Gleichzeitig kann sie den Generationskonflikt mit ihrer Mutter in ihrem Buch verarbeiten. Was folgt, ist ein Roadtrip, der nicht nur in den Süden führt, sondern auch in die innersten Sorgen und Ängste der Autorin.
Diese persönliche Reise wird von Regisseurin Valerie Vogt mit fulminanter Energie inszeniert. Indem sie die Rolle der Tochter auf drei Schauspielerinnen aufteilt (Iris Becher, Florentine Krafft, Sissi Reich), bekommt der schon von Haus aus dichte Text von Anna Gschnitzer, den die Schauspielerinnen in einem Hagelsturm von Wörtern abwechselnd vortragen, an Dynamik. Aber nicht nur die dynamische Aufführung sorgt für den Takt.
Katharina Ernst begleitet das Stück mit ihren Perkussionen. Sie ist wie eine „Schamanin“, die mit ihrem Schlagzeugspiel das Schauspiel in rhythmische Ekstase bringt. Die eindringlichen Schlagzeugrhythmen saugen das Publikum in den inneren Tumult der Figuren.
Ursula Reiter spielt die Rolle der Mutter, einer pensionierten Pflegekraft, und bildet das perfekte Pendant zur gestressten Tochter. Trotz ihrer ruhigen Ausstrahlung geht Reiter in ihrer Rolle keineswegs unter – ganz im Gegenteil: Gegen die dreiköpfige, hektische Tochter behauptet sie sich souverän. Mit ihrer subtilen, aber kraftvollen Präsenz schafft sie es, den lauten Wortsturm der Tochter zu erden und bringt eine Ruhe ins Spiel, die der Inszenierung wichtige Kontraste verleiht.
© Marcella Ruiz Cruz
Mit einem feinen Gespür für Humor und Elan entführt Capri das Publikum in die vielschichtigen Verflechtungen der Mutter-Tochter-Beziehung. Valerie Voigts Inszenierung bringt dabei nicht nur tiefgründige Emotionen und innere Konflikte auf die Bühne, sondern findet eine Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit.
Capri von Anna Gschnitzer
Regie: Valerie Voigt | Bühne: Thomas Garvie | Kostüme: Katia Bottegal | Musik: Katharina Ernst | Licht: Christoph Pichler | Ton: Benjamin Bauer | Dramaturgie: Martina Grohmann | Regieassistenz: Stella Jarisch | Körperarbeit, Regiehospitanz: Christina Osternig
Mit: Iris Becher, Florentine Kraft, Sissi Reich, Ursula Reiter
Fotos: © Marcella Ruiz Cruz
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https://www.schauspielhaus.at/veranstaltung/capri