TAG /// 19. Oktober 2019 /// Dorian Gray – Die Auferstehung
Das Gemälde von Dorian Gray existiert wirklich – als Akt! Nach dieser Entdeckung wittern viele Protagonist_innen das große Geld in einem Theaterstück, das einem Film gleicht.
Die Oscar Wilde-Biographin Heather Graham glaubt, auf dem Dachboden von Frau Raffalovich in Wien das Porträt Dorian Grays entdeckt zu haben. Diese Dame ist die Großnichte des Liebhabers des Geliebten Oscar Wildes und verfügt deshalb über einen umfangreichen Nachlass. Nach diesem sensationellen Fund steht die Kunstwelt Schlange vor dem Haus der Dame und ihres Butlers Jirzi. Dieses Bild könnte das teuerste Kunstwerk der Welt werden! Das Problem dabei: Es existiert gar nicht, Heather sah nur das Spiegelbild Jirzis, das sie an Gray erinnerte. Das fehlende Bild hindert aber weder die Kunsthändler noch Frau Raffalovich daran, Profit aus dem Gemälde schlagen zu wollen.
Das TAG bleibt seiner Philosophie treu und legt klassische Werke aus neuer Perspektive auf. Diesmal wird aus dem Roman “Dorian Gray” von Oscar Wilde ein packender Kunstthriller, der genauso gut die Kinos erobern könnte. Der Text stammt von der bildenden Künstlerin Mara Mattuschka, die keine Kritik am zeitgenössischen Kunstbetrieb auslässt: Machtmissbrauch, Kunstfälschung, Bestechung und die immense Geldsummen, die teilweise ahnungslose “Expert_innen” für vermeintliche Kunstwerke in Bewegung setzen.
Das alles wird durch filmische Mittel inszeniert: Die verschiedenen Handlungsstränge der Personen treffen zusammen, wenn diese aus unterschiedlichen Motiven zusammenarbeiten müssen. Szenenwechsel, musikalische Untermalung, Cliffhanger und sogar Musicalsequenzen unterstreichen die Kinoatmosphäre, die mit Überzeichnungen auch die gänge Filmpraxis kritisiert, ohne in eine Karikatur abzurutschen: Etwa erfolgen Anrufe immer just bei sexuellen Handlungen im Bett und müssen natürlich trotzdem beantwortet werden.
Der großartige Humor von Mattuschkas Text kommt jedoch nicht nur durch Situationskomik und Medienkritik auf, sondern auch Dank der grandiosen Dialoge voller Wortspiele. Auch wenn die Spannung des Stückes in der zweiten Hälfte etwas abnimmt, besticht es insgesamt durch seine intelligente Unterhaltung.
Getragen wird das Stück von dem fulminanten Ensemble: Raphael Nicolas wechselt so überzeugend zwischen seiner Hauptrolle als slowakischer Butler samt rollendem “r” und den anderen Charakteren, dass ich erst bei der Hälfte des Stückes realisierte, dass es ein und derselbe Schauspieler war. Alexander Braunshör kann in seiner “Rockrolle” bis ins letzte Detail subtil, aber dennoch überspitzt die Wiener Dame Raffalovich darstellen.
Fazit: Hier passt alles: Eine packende Handlung, tolle Dialoge, offene und versteckte Kunst- und Filmkritik und ein grandioses Ensemble!
DORIAN GRAY – DIE AUFERSTEHUNG
Von Mara Mattuschka
Sehr frei nach „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde
Eine Koproduktion mit The Practical Mystery
Es spielen Alexander Braunshör, Alexander E. Fennon, Anna Mendelssohn, Raphael Nicholas, Georg Schubert, Elisabeth Veit
Text und Regie Mara Mattuschka
Recherche Alexander Braunshör, Alexander Martos
Bühne Paul Horn, moritz m. polansky
Kostüme Peter Paradise
Musik Moritz Wallmüller
Regieassistenz Sandra Moser
Kostümassistenz Angel
Licht Hans Egger/Katja Thürriegl
Ton/Video Peter Hirsch
Bühnentechnik Andreas Nehr
Mehr Informationen hier: http://dastag.at/produktionen/doriangray/
Fotos© Anna Stöcher