Burgtheater Vestibül /// 25. Jänner 2018 /// Beben
Was macht Krieg mit uns? Auf der Suche nach einer Antwort zieht die Inszenierung eine Linie von Waffenpolitik über die bunten 80er bis zu Zivilcourage und solidarischem Handeln. Die Autorin Maria Milisavljevic entlarvt die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt und beleuchtet mit bittersüßer Komik unser Jetzt. Sie verweilt in der virtuellen Welt der Zocker_innen und verwebt die losen Zipfel erzählens-notwendiger Dinge zu einem dichten Teppich aus vielfältigen Assoziationen, die Zusammenhänge unserer Gesellschaft aufzeigen. Ereignisse verweilen nur kurzfristig und versinken schnell in einem Strudel an neuen Geschehnissen.
Krieg, der zum Normalzustand geworden ist, überkreuzt sich in dem Text mit dem Alltäglichen, dem Privaten, dem Politischen.
Gekonnt stanzen Regisseurin Anna Stiepani und Dramaturgin Franziska Eisele Figuren aus dem Text und erschaffen Monologe, die berühren, und Dialoge, die erschüttern. Mit einem Text, gebettet in einen kühlen und nüchternen Ton, pendeln die Figuren zwischen Voyeur_in, die_der das Elend seiner Umgebung beobachtet, und Akteur, die_der in das Unglück involviert ist und am Krieg partizipiert.
Den besonderen Feinschliff erhält die Inszenierung durch installative Elemente des zweigliedrigen Bühnenbildes von Thurid Peines, welches an ein Schaufenster oder Guckloch erinnert. Isoliert hinter Glaswänden wirken die Schauspieler_innen puppenartig, welchen die gesamte Lebhaftigkeit und Lebensfreude entwichen ist. Die beklemmende Atmosphäre in dem sperrigen Raum wird durch den geschickten Einsatz von Licht und Spiegelung im Glas gesteigert – was für mehrfache optische Täuschungen und Verwirrungen seitens der Zuschauer_innen sorgt.
Die Intensität des Textes und seiner rauschartigen Wirkung hinterlassen Zuschauer_innen vollgepumpt mit Eindrücken und Überlegungen. Es handelt sich um einen Text, der überrumpelt – durch seine inhaltliche Tiefe, der thematischen Vielfältigkeit und Sprunghaftigkeit. Die Gefahr ist da, den roten Faden zu verlieren, und teilweise wäre eine Portion Spannung wünschenswert gewesen. Am Ende scheint es, als verlaufen die Geschehnisse im Sand… Schade! Denn bei solch einem rasantem Spieltempo, wartete man gebannt auf ein explosives Ende, das im Gedächtnis bleibt.
Eine Achterbahnfahrt an Bildern, Stimmungen und Impulsen mit tollen optischen Effekten. Es ist empfehlenswert die Vorstellung ausgeschlafen zu besuchen: Sie fordert enorm viel Konzentration!
BEBEN
Regie: Anna Stiepani
Text: Maria Milisavljevic
Bühne und Kostüme: Thurid Peine
Musik: Matthias Jakisic
Dramaturgie: Franziska Eisele
Licht: Mathias Mohor
mit Daniel Jesch, Marta Kizyma, Valentin Postlmayr, Martin Vischer
Bildrechte: Reinhard Werner