Schauspielhaus Wien /// 17. Mai 2018 /// Phantom Beard
Monira Al Qadiri vereint die japanische und arabische Sprache und Kultur durch außergewöhnliche Videoeffekte in ihrem autobiographischen Stück „Phantom Beard.“
Die kuwaitische Künstlerin Monira Al Qadiri, die zehn Jahre in Japan gelebt hat, erzählt von der Verschmelzung dieser zweier Kulturen in ihrer biographischen Performance. Auf Japanisch und Arabisch mit deutschen bzw. englischen Übertiteln wird folgendes gezeigt: Ein Reinōsha (japanischer Geisterleser) erklärt Monira, dass sie 40 männliche Vorfahren hat, die mit ihr zusammenleben. Diese saudiarabischen Männer erscheinen als Geister und erzählen von ihrer schrecklichen Vergangenheit und der Verantwortung Moniras, „1000 gute Taten“ zu erbringen.
Monira sehnt sich danach wie ihre Vorfahren zu sein, so wie sie mit ihren Bärten selbstbewusst und frei leben. Doch sogar mit einem aufgemalten Bart (Phantom Beard) wird sie es nie schaffen, die männliche Perspektive ihrer patriarchalischen Vorfahren einzunehmen. Symbolisch wird dies verdeutlicht durch eine äußerliche Imitation – sie kleidet sich und bewegt sich wie ihre Vorfahren. Sie versucht die „Wüste der Männer“ zu durchqueren – angedeutet wird hier die Geschichte des Nahen Ostens. Schade, dass diese Übersetzung einer japanischen Tradition in die kuwaitische nicht tiefer und näher beleuchtet wird. Was bewirkt diese Auseinandersetzung mit ihren Vorfahren durch beide Kulturen? Wie geht es weiter? Wo ist Moniras Platz in ihrer eigenen Geschichte?
Dass „Phantom Beard“ die autobiographische Performance einer multimedialen Künstlerin ist, erschließt sich von Anfang bis zum Ende des Stückes. Monira Al Qadiri verwendet Videotechniken für die Darstellung ihrer Vorfahren als Geister und für bunte im Raum schwebende Elemente, die sich manchmal zu einer videospielartigen Musik auf und ab bewegen wie in einer Halluzination. Der Einfluss des japanischen Pop Kitsch ist in der Videotechnik besonders zu spüren. Sie spielt sich außerdem selbst als Körper und Stimme, ein Voice Over spricht die Stimme des japanischen Geisterlesers, während auf der reduzierten Bühne sich bewegende, fellartige Anhäufungen für die Wüste des Nahen Ostens sprechen. So werden die audiovisuellen Sinne des Publikums konstant berieselt.
Fazit: Ein visuell durch Videotechniken sehr ansprechendes Stück, das durch die Autobiographie der Künstlerin zwei normalerweise nicht nebeneinander stehende Kulturen vereint. Jedoch fühlt es sich auf inhaltlicher Ebene noch nicht abgeschlossen an, als würde ein Teil des Ganzen nicht gezeigt werden.
PHANTOM BEARD
Von und mit: Monira Al Quadiri
Ko-Regie: Raed Yassin
Text: Monira Al Qadirir, Abdulaziz Al Nujaym
Recherche Text: Hussein Nassereddine
Video, Animation: Transforma
Produktionsleitung Filmset: Mousaed Khaled
Technische Leitung, Licht: Nadim Dealibes
Musik: Senyawa, Khaled Yassine, James Kelly
Sound Design: James Kelly
Bühne: Monira Al Qadiri, Raed Yassin, Atelier Aziz Al Qatami
Requisitenproduktion: Anton Steenbock
Assistenz: Mariam Mekiwi, Mayssan Charaf Eddine
Übersetzung: Luna Al-Mousri (Deutsch), Monira Al Qadiri (Englisch)
Übertitel: Saad Al Khatib
Produktion: Monira Al Qadiri
Koproduktion: Wiener Festwochen, Aichi Triennale, Kunstenfestivaldesarts (Brüssel)
Fotos: ©ROBERT REIGER /MONIRA AL QADIRI
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