Akademietheater /// 13. November 2021 /// Zoes wunderbare Reise durch die Zeit
Große Themen werden dem jungen Publikum über Umwelt, Nachhaltigkeit und Klimaschutz als Generationsfrage näher gebracht und im Beisein von Musik-, Tanz und Figurentheater zu einem kollektiven Bewusstsein zusammenführt. Eine lebensnah erzählte Inszenierung über die Geschichte von Zoe (Safira Robens), die unerwartet durch ihre Wäschetrommel 100 Jahre in die Zukunft reist und auf einer Plastikinsel mitten im Ozean wieder auftaucht.
Erfrischend und unbeschwert bewegt sich die junge Zoe mit Musik aus ihrem iphone zwischen einem riesigen bunten Klamottenberg und einer Waschmaschine. Von den Nachrichten zum Klimawandel inmitten ihres „Gutelauneliedes“ fühlt sie sich nur kurzfristig gestört. Plötzlich verschwindet eines der Kleidungsstücke in der Wäschetrommel und unter einer Rauchwolke auch Zoe. Dass sie sich in einer Zeitreise durch die Geschichte des Plastiks befindet, bemerkt sie, als sie das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem Jahr 2043 auf einer „iglo”-Tiefkühlgemüseverpackung entdeckt, dessen Inhalt längst abgelaufen sein müsste.
Mittlerweile ist sich fast ein jeder über die unzähligen Tonnen an Plastikmüll und Mikroplastik, die in den Ozeanen umhertreiben bewusst. Die Hauptfigur Zoe erfährt die Problematik der Vermüllung mitsamt ihren fatalen Auswirkungen auf die Umwelt und für die darin lebenden Organismen spätestens als sie der Inselbewohner Elmo (Maximilian Tröbinger) in Begleitung seiner tatkräftigen Schwester Merri (Teele Uustani) über die Existenz der Müllwand, dem Polyesterberg und dem Mikrofasermoor unterrichtet. Außerdem ergänzt er im Stückverlauf immer wieder Zahlen und Fakten zum Plastikmarkt: Im Jahr 1946 – Entwicklung der Tupperware, 1983 – erstes Kunstherz in Österreich, 2007 das erste iphone auf dem europäischen Markt, 2027 der erste Marsmensch. Dazu kommt noch die Stimme der Inselgöttin aus dem Klamottenberg, die Zoe zur Suche eines mysteriösen „Schatzes“ auffordert.
„Du bist diejenige, die etwas unternehmen muss“
Zwischen Plastikflaschen-Schwarmfischen, einem Rochen aus Luftpolster und Krebsen aus leeren Gemüse-Kisten, erkennt das Mädchen die Dringlichkeit darin, ihre Zukunft vor der Zerstörung zu retten. So begibt sie sich mit ihrem neu gewonnenen Insel-Team auf die Reise zum Schatz, auch unterstützt von der ulkigen und anfangs realitätsfremden Tupperware-Dame (Dorothee Hartinger), die kurz davor noch ihre “Wunderschüsseln” als multifunktionale Aufbewahrung angepriesen hat, dann aber ihre eigenen gedankenlosen Verhaltensmuster erkennt.
„So war doch Plastik nicht gedacht“
In “Zoes wunderbare Reise durch die Zeit”entsteht ein zeitgeschichtlicher Ort für die ganze Familie, in dem die eigene Sozialisation, Lebensumstände und die Selbstverständlichkeiten des Massenkonsums reflektiert, neu überdacht und mit gespielter Leichtigkeit einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Reiner Sprechakt steht dabei nicht im Vordergrund, sondern die Aufwendigkeit eines Bühnenbildes, das in seiner vielseitigen Objekthaftigkeit mittels starker Metaphorik eine mächtige Qualität erlangt und Bilder übersetzt. Ob aus den Nasenlöchern einer Schildkröte eine Plastiktüte gezogen wird, als eine wiederkehrende Aufnahme der Auswirkungen von Plastikmüll der letzten Jahre, oder der handgefertigte und ölverschmierte Pelikan die Ölkatastrophen der USA mitsamt der erheblichen Bedrohung für die Tierwelt vermittelt. Überzeugend kommt dabei mit Teele Uustani und Maximilian Tröbinger die Kunst des Figurenpielens zum Ausdruck, die eine feinsinnige Dynamik und Charakter in die tierischen Plastik-Körper hauchen.
Ein berührender Theaternachmittag voller Neugier und einem Aufruf für ein verändertes Bewusstsein der Welt, bei dem trotz der Schrecklichkeit der Klimakrise und den Zuständen der Umwelt, ein Optimismus und die Empathie am Miteinander nicht verloren geht. Für ein Publikum, dass für eine bessere Zukunft handelt, bei der vom richtigen Mülltrennen längst nicht mehr nur die Rede ist.