Studio Molière /// 26. Mai 2019 /// 3 Episodes of Life, Episode 3
In der letzten Episode von „3 Episodes of Life“ vom schwedischen Regisseur Markus Öhrn verliest der Protagonist seine Stellungnahme zu den Übergriffen, die sich in den ersten zwei Episoden zugetragen haben: Die schauderhaften Rechtfertigungsansätze machen mich betroffen.
Die Episode ist der einzige Teil der Trilogie, in dem gesprochener Text vorkommt und der Protagonist seine Handlungen der vorangegangenen Episoden erklärt und zu verteidigen versucht. Bevor das Video startet wird noch ein Foto von H.C. Strache und einigen Parteikollegen auf einer Leinwand gezeigt – das Publikum lacht. Die Personen im Video tragen die gleichen Masken wie die Musiker. Die vier Frauen aus Episode 1 und 2 sitzen in einer Reihe hinter dem Regisseur. Er erzählt die Geschichte einer Schauspielerin, die eine Totgeburt erlitten habe, und dass er stets für sie da gewesen sei. Während der Schilderung der Geschichte bricht die Schauspielerin, von der erzählt wurde im Hintergrund zusammen und sinkt zu Boden, weshalb ihr auf den Sessel hochgeholfen werden muss, ehe die Verlesung der Stellungnahme fortgesetzt werden kann. Die Episode ist größtenteils der Versuch einer Rechtfertigung und Erklärung seiner Übergriffe, die nicht entschuldbar sind. Er versucht, Halt und Dominanz während der Verlesung seiner Stellungnahme zu gewinnen, indem er das Publikum direkt anspricht und nicht mehr loslässt. Er spricht besonders die Männer an und fragt sie, ob sie wirklich “Nein” sagen könnten, wenn ihnen ein schöner Körper angeboten würde. Er behauptet von sich, er tue nichts um seiner selbst willen, nicht um der Frauen willen, sondern für die Kunst.
Kunst wird in diesem Video ständig vorgeschoben, wenn es darum geht, künstlerische Aktionen, welche tatsächlich sexuelle Nötigungen sind, zu erklären. „Denken Sie nach, bevor sie einen Fehler machen?“, fragt der Regisseur die Männer im Publikum. Gemeint ist der Fehler, erneut einen sexuellen Übergriff zu begehen. Er selbst müsse sich jeden Tag seiner Angst stellen,womöglich einen neuen Fehler zu machen, und mit diesem Umstand arbeiten. Warum? “Weil es die Kunst so verlangt”. Das Auftreten des Protagonisten im Video ist anfangs recht bedacht, auch etwas Unsicherheit schwingt bei der Verlesung der ersten Seite des Schriftstückes mit. Er versucht schließlich gar nicht mehr seine Handlungen zu entschuldigen, sondern sie vielmehr so darzustellen als seien sie etwas Notwendiges, das die Kunst verlangt, um Kunst zu sein. Am Schluss schiebt er die Schuld noch weiter von sich weg, und den Zuschauer_innen zu, denn er schließt seine Stellungnahme mit den Worten: „Wenn ihr wollt, dass es aufhört, dann hört auf, Kunst zu konsumieren“.
Fazit: Großes Kino ist zwar etwas anderes, aber der Text ist in seiner klaren und zielstrebigen Skizzierung eines Täters und seinen “Erklärungsversuchen” erstaunlich. „Denken Sie nach, bevor Sie einen Fehler machen?“ ist die Frage, die der Regisseur an die Männer im Publikum stellt. Im Kontext von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch angesprochen zu werden hat mich als Mann tief getroffen.
3 EPISODES OF LIFE
Episode 3
Konzept, Regie, Bühne, Video: Markus Öhrn
Komposition: Dorit Chrysler, Arno Waschk
Theremin: Dorit Chrysler
Klavier: Arno Waschk
Schauspiel: Janet Rothe, Jakob Öhrman
Special Guests: Florentina Holzinger, Netti Nüganen, Antonia Steffens
Masken, Kostüm, Requisite: Makode Linde
Text: Myra Åhbeck Öhrman
Tontechnik: Eskil Lövström
Regieassistenz: Sara Trawöger
Weitere Infos zum Stück und mehr Termine findest du hier: Klick!
Fotorechte: © Nurith Wagner-Strauss