Akademietheater /// 29. November 2018 /// Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos
Eingesperrt in einer Blase durchleben die mit Puppen dargestellten Figuren hausgemachten Horror. Frau Grollfeuer steht, im übertragenen wie im wörtlichen Sinne, über diesem. Die Inszenierung hat mir imponiert, abgeholt hat sie mich leider nicht.
Der Horror findet auf der Bühne in einer Blase statt – Die Figuren beschimpfen, misshandeln, vergewaltigen einander. Und doch unternehmen die Eingesperrten keinen ernsthaften Versuch dem Grauen ihrer Existenz zu entgehen: Man hat sich mit der Situation abgefunden und das ist vielleicht das Unheimlichste am ganzen Stück. Den Inhalt des Stücks kurz wiederzugeben, traue ich mir nicht zu – eine Interpretation im engen Rahmen schon gar nicht. Auf rein sprachlicher Ebene ist das Stück mit seinen Sprachspielereien manchmal lustig, viel öfter abstoßend, aber so gut wie immer geistreich – Also wirklich interessant.
Die Figuren werden mit Hilfe von sogenannten Klappmaulpuppen (Thanks, Google!) dargestellt, die grotesk bemalt sind – mit Ausnahme von Frau Grollfeuer. Sie ist zudem die einzige Figur, die ihre Zeit außerhalb der Blase verbringt. Die anderen Figuren werden aus der Sicht der Frau Grollfeuer betrachtet, die außer sich selbst niemand anderem das Menschsein zuspricht. Und sie sind ihr ausgeliefert, denn sie verfügt über die Blase in der alle anderen festsitzen: Auf ihren Wink hin werden die Figuren gewaltsam gegen die durchsichtige Wand gepresst, gegen Ende geht der prallgefüllten Blase die Luft aus. Frau Grollfeuer, die allmächtige Puppenspielerin.
Auch über diese beiden inszenatorischen Entscheidungen hinaus hatte ich das Gefühl, dass viele Gedanken in diese Inszenierung geflossen sind, aber leider hat mich das Stück nicht abgeholt. Grund dafür waren die Puppen, deren Einsatz die erste halbe Stunde spannend, denn neu für mich, waren, doch durch die in sie eingeschriebenen spielerischen Begrenzungen ging mir zu viel an Schauspiel verloren. Dass diese eine Sache in meiner Wahrnehmung des Abends so schwer ins Gewicht fällt, finde ich unfassbar schade, denn vieles andere schätze ich sehr. Das Stück ist dank Nikolaus Habjans Inszenierung definitiv sehens- und Dank Werner Schwabs Text hörenswert – außer man hat schwache Nerven, dann lieber doch ins Kasperltheater gehen.
VOLKSVERNICHTUNG ODER MEINE LEBER IST SINNLOS
von Werner Schwab
Frau Wurm: Dorothee Hartinger
Hermann Wurm: Nikolaus Habjan, Manuela Linshalm
Herr Kovacic/Desiree: Sarah Viktoria Frick
Frau Kovacic/Bianca: Alexandra Henkel
Frau Grollfeuer: Barbara Petritsch
Regie: Nikolaus Habjan
Bühne: Jakob Brossmann
Kostüme: Cedric Mpaka
Puppenbau: Nikolaus Habjan, Marianne Meinl
Musik: Kyrre Kvam
Licht: Norbert Piller
Video: Sophie Lux
Dramaturgie: Hans Mrak
Bildrechte: (c) Georg Soulek, Burgtheater