Theater in der Josefstadt/Probebühne /// 08. Mai 2019 /// Magic Afternoon
Bei Wolfgang Bauers Stück über die gelangweilte Jugend werden nicht nur viele Zigaretten geraucht und Bücher durch die Gegend geworfen, sondern auch gesellschaftliche Themen verhandelt.
Das Leben als Jugendliche in einem Dorf ist nicht einfach: Charly und Birgit sitzen an einem heißen Sommertag in dessen sturmfreier Bude und überlegen, was sie mit dem Rest des Tages anfangen sollen. Ihre instabile Beziehung erfährt durch die Ankunft von Charlys Freund Joe und dessen Freundin Monika weitere Krisen.
Wolfgang Bauers “Magic Afternoon” war bei seiner Veröffentlichung im Jahr 1969 ein Skandal. Die aktuelle Inszenierung in der Josefstadt spielt in dieser Zeit. Wie uns das Programmheft vermittelt, unterscheidet die Jugend damals und heute im Grunde nicht viel – Mit der Ausnahme, dass sie sich heutzutage einen langweiligen Nachmittag wohl mit TV, PC oder Smartphone vertreiben würde. In den 68er-Jahren mussten sich die Jugendlichen mit Kulturprogrammen in Zeitungen, Telefonbüchern und Wählscheibentelefonen begnügen. Es ist auch der Gebrauch dieser alten “Technologien”, der das Publikum zu den größten Lachern bringt.
Abgesehen von den historischen Details wird der Humor vor allem von Matthias Franz Stein als Charly getragen, dem es gelingt, in der ersten ereignisarmen Hälfte durch seine Akzentuierung auch banalen Sätzen viel Witz zu geben. In diesem Teil können die Schauspieler_innen nicht stillsitzen, ihre Bewegungen drehen sich von Aschenbecher zu Aschenbecher. Der Genuss von Zigaretten ist so groß, dass er schon eine Parodie auf den Nikotinkonsum als Coolnessfaktor ist. Positiv fällt auf, dass die Regie das Darstellen von Sexualität nicht auf das plumpe Zeigen von nackten Körpern reduziert hat: Diese wird durch perfekt durchgeplante, sehr sinnliche Bewegungen der Schauspieler_innen auf die Bühne gebracht. Unterstrichen wird die Handlung sehr stimmungsvoll von Pola Schulten mit Keyboard, Klavier und Gitarre.
“Es ist alles möglich, alles interpretierbar”, sagte Bauer über sein Stück. Tatsächlich ist bei dem Blick auf die gelangweilte Jugend auch eine feministisch-emanzipatorische Botschaft zu finden: Die Abhängigkeit der Frau wird durch das Auto symbolisiert: Birgit muss auch nach der Trennung von Charly bleiben, da sie niemanden hat, der sie nachhause bringen könnte. Am Ende jedoch nimmt sie den Autoschlüssel an sich und verlässt die Szene durch einen anderen Abgang als vorgesehen.
Fazit: Der Regie und den Schauspieler_innen gelingt es, ein ereignisarmes Stück zu einem unterhaltsamen und spannenden Abend mit überraschendem Ende zu verwandeln.
MAGIC AFTERNOON
Regie: Florian Thiel
Bühnenbild und Kostüme: Alina Amman
Musikerin: Pola Lia Schulten
Dramaturgie:Cinja Kahl
Licht: Sebastian Schubert
Ton:Jakob Schell
Birgit: Gioia Osthoff
Charley: Matthias Franz Stein
Joey: Igor Karbus
Monika: Anna Laimanee
Fotos: © ALINA AMMAN
mehr Informationen: https://www.josefstadt.org/programm/stuecke/special-events/action/show/stueck/magic-afternoon.html