Akademietheater /// 30. Oktober 2020 /// Automatenbüfett
Herr Adam hat einen Traum, aber für die Umsetzung benötigt er die Zustimmung der Gemeindemitglieder. Bei dem Versuch seine Vision zu vermitteln setzen sich allerdings auch ungewollte Strukturen in Bewegung.
Herr Adam will in eine profitable Fischzucht umwandeln, um die Unterernährung und Arbeitslosigkeit der Umgebung zu bekämpfen. Nur leider träumt niemand mit ihm, bis er Eva aus einem der Teiche rettet, in welchem sie ihre Trauer nach einer unglücklich verlaufenen Beziehung ertränken wollte. Eva wird von Herrn Adam ins Automatenbüfett mitgenommen, welches in Besitz von Frau Adam ist. In diesem vormodernen Take-away Restaurant kann der Kunde sich die Speisen nach Einwurf des notwendigen Betrags selbst aus kleinen Boxen nehmen.
Das Bühnenbild wechselt dabei je nach Szene zwischen dem Steg und dem namensgebenden Automatenbüfett, das den in Beton gegossenen Charme einer Industrialisierungsästhetik wiedergibt. Die ménage à trois zwischen Ehepaar Adam und Eva führt schnell zu Konflikten, da Herr Adam Eva für seine Fischzucht-Vision instrumentalisiert. Dabei übersieht er den steigenden Unwillen seiner Frau, die sich in Konkurrenz mit der neuen Bewohnerin sieht. Aber eben diese Konkurrenz verweist inhaltlich auf den engen Handlungsrahmen von Frauen in dieser Zeit. Das Stück von Anna Gmeyner wurde 1932 uraufgeführt, der Regie von Barbara Frey gelingt es die gesellschaftlichen Strukturen darzustellen, denen Frauen unterworfen sind und in denen sie agieren – auf den ersten Blick egoistische Handlungsweisen relativieren sich bis hin zu Verständnis für die jeweiligen Entscheidungen.
“Wir brauchen auch nichts dazu.”
sagt Frau Adam zu Eva, als diese ihr erklärt, sie nehme ihr ja nichts weg. Der Satz steht für die Mentalität der ganzen Gemeinde, mehr noch, auch unsere heutige Gesellschaft lässt sich darin erkennen. Obwohl kein direkter Verlust zu erwarten ist, werden fremde Personen und neue Ideen abweisend behandelt. Auch der Verlust, den die Figuren zu empfinden scheinen und von dem sie nicht wissen, wie sie ihn decken können, erinnert an unsere kapitalistische Gesellschaft. Aber bei aller Selbstoptimierung bleibt die Einzelperson doch immer in den eigenen Grenzen gefangen. Kein Wunder also, dass die Münzen immer wieder den Weg in den Geldschlitz finden. Die monetäre Befriedigung ist aber nur Ersatz für das, was eigentlich fehlt. Bleibt nur noch die letzte Münze für den Klavierspieler, der rührt was tiefer liegt.
Fazit: Mit der an Jaques Tati erinnernden, exaltierten Körpersprache erzählt die Regie den ernsten Inhalt ohne zu lange in der Tragik zu verweilen. Ein Theaterabend, der nachwirkt und die Reflexion über die eigenen Lebensentscheidungen anlegt, ohne sich dabei plakativer Aufreger bedienen zu müssen.
AUTOMATENBÜFETT
von Anna Gmeyner
Regie: Barbara Frey | Bühne: Martin Zehetgruber | Mitarbeit Bühne: Stephanie Wagner | Kostüme: Esther Geremus | Musik: Tommy Hojsa, Barbara Frey | Licht: Friedrich Rom | Dramaturgie: Andreas Karlaganis | Schauspiel: Michael Maertens, Maria Happel, Katharina Lorenz, Christoph Luser, Dörte Lyssewski, Annamaria Lang, Hans Dieter Knebel, Robert Reinagl, Daniel Jesch | Piano: Tommy Hojsa
Mehr Informationen hier: https://www.burgtheater.at/produktionen/automatenbuefett
Fotos: © Matthias Horn