Vestibül/// 06. Oktober 2019 /// Thomas und Tryggve
Zwei Buben erkennen den Wert der Freundschaft, können in diesem kunterbunten, ergreifenden Kinderstück aber auch auf die Hilfe der Strumpfhosen zurückgreifen.
Thomas und Tryggve gehen zusammen in die Volksschule und sind beste Freunde. Während ersterer ein toller Sportler ist und sogar Preise gewinnt, brilliert Tryggve in den Lernfächern – besonders interessiert er sich aber für das Weltall. Da er Strumpfhosen trägt, wird er von seinen Klassenkameraden gehänselt. Anfangs traut sich Thomas nicht, für seinen Freund einzustehen, doch dann lernt er, dass er zusammen mit ihm alles erreichen kann.
Das pädagogische Stück will Kindern vermitteln, dass Freundschaft Widrigkeiten überwinden kann, sofern man zusammenhält. Dabei interagieren die beiden Schauspieler liebevoll mit dem jungen Publikum, sie lassen es mitkommentieren und gehen flexibel auf ihre Aussagen ein. In manchen Momenten werden somit die Burschen und Mädchen zu den wahren Stars des Stückes. Etwa wenn Thomas und Tryggve beschließen, dass sie zu zweit gegen den Mobber vorgehen, und ein Bub heraus schreit: “Oder wir alle!”
Die Schauspieler nehmen sämtliche Rollen ein, von den Eltern bis zu den Schulkolleg_innen. Dadurch, dass sie das Schauspiel nicht auf die Bühne des Vestibüls beschränken, sondern durch den Zuschauerraum und die Sitzreihen rasen, bringen sie viel Dynamik ins Geschehen. Dank tollen Details gelingen die vielen Charakterwechsel: Sei es durch das Anziehen der Kleidungsstücke, die als Bühnenbild kreuz und quer aufgehängt sind, oder durch das Annehmen von Dialekten. Nicht nur sind die Enrico Riethmüller und Anton Widauer in allen Rollen lustig und überzeugend, es ist auch deutlich sichtbar, dass die Chemie zwischen den beiden stimmt und sie viel Spaß am Spielen haben.
Positiv fällt auf, dass das Thema des Stückes über of besprochene Themen hinausgeht, und sich auch mit der Konstruktion von Männlichkeit auseinandersetzt: Tryggve wird gehänselt, weil er Strumpfhosen trägt. Als Thomas die Hänseleien quasi entschuldigt, da Männer diese nicht tragen würden, sagt sein Freund selbstbewusst: “Ich trage, was ich will.” Am Ende wenden die beiden Freunde das Kleidungsstück als “Superkraft” an, um den Mobber zu überwältigen. Das Stück spricht auch die gesellschaftliche Erwartung an, dass Burschen nicht weinen dürfen. Trotz der kritischen Betrachtungen zu Männlichkeit erfolgt jedoch die Rache ebenso mit männlich konnotierter Gewalt. Schade, dass hierbei die Möglichkeit verabsäumt wurde, eine alternative und nachhaltige “Lösungsmöglichkeit” anzubieten.
Fazit: Top gespieltes und inszeniertes, rührendes Kinderstück, das hoffentlich vielen Buben und Mädchen zu sehen bekommen.
THOMAS UND TRYGGVE
Regie: Anja Sczilinski
Bühnenbild: Bärbel Kober
Kostüme:Eva Bienert
Musik:Kilian Unger
Licht: Mathias Mohor
Dramaturgie: Christina Hommel
Dramaturgie: Claudia Kaufmann-Freßner
Thomas: Enrico Riethmüller
Tryggve: Anton Widauer
Ab 6 Jahren
Dauer: Ca. 50 Minuten
Fotos: © Paul Bauer
Mehr Informationen hier: https://www.burgtheater.at/veranstaltungen/thomas-und-tryggve/2019-10-06