WerkX/// 10.Oktober 2019 /// Geschichten aus dem Wienerwald
Das Performancekollektiv Ginsterdorfer/Klaaßen verarbeitet Horvaths “Geschichten aus dem Wienerwald” am Werk X mit Tanz, politischen Aufrufen und Musik von Nino aus Wien und Natalie Ofenböck.
Grundlage des Stücks bilden die “Geschichten aus dem Wienerwald”, die von Performer_innen aus Cote d´Ivore auf Französisch nacherzählt und simultan von Hauke Heumann übersetzt werden. Doch es bleibt nicht bei einer bloßen Wiedergabe des Werkes, da die Performer_innen einerseits selbst die Rollen aus Horvaths Stück einnehmen, andererseits auch Interpretationen des Textes präsentieren. Die Rahmenhandlung wird durch Tänze, persönliche Erzählungen und politische Äußerungen durchbrochen. Außerdem kommentieren Nino aus Wien und Natalie Ofenböck mit Liedern und Statements das Geschehen.
Das Stück ist Teil des aktuellen Werk X-Spielzeitmottos “Heimat und Arschloch” und will den Begriff der Heimat verhandeln. Die Besetzung der nicht-weißen Performer_innen von Ginsterdorfer/Klaaßen und die des Deutschen Hauke Heumann erweitern das Bild von „Österreich“. Heumann positioniert sich in diesem Stück klar als Deutscher und spricht aus dieser Perspektive zu dem Publikum. Die Erzählung aus österreichischer Sicht kommt von dem Musiker-Duo: Die gesungenen und gesprochenen Kommentare von Nino ausWien und Natalie Ofenböck sind mit ihrer Präzision und ihrem wienerischen Dialekt ein Highlight.
In den Perfomances werden einige starke Symbole vermittelt, insgesamt geht in der Länge der Aufführung leider viel verloren. Der erste Teil ist eindringlich und wird von der Perfomance von Franck Edmond Yao getragen, dessen Gestik und Mimik eindrucksvoll die unterschiedlichen Charakteren aus dem Originalstück präsentieren. Im Gegensatz dazu wirkt die zweite Hälfte improvisiert: Es kommt so viel Hektik in der Erzählung auf, dass Namen durcheinanderkommen. Oft gehen Ninos Kommentare unter, da die anderen Darsteller_innen ihm nicht ihre Stille schenken.
In diesem zweiten Teil kommen auch persönliche Erfahrungsberichte der Performer_innen zu Rassismus und Sexismus ins Spiel. Die Auseinandersetzung zu Faschismus hingegen fußt auf einem dünnen Zusammenhang zum Originalstück. Auch ist die Rede von Hauke Heumann zu belehrend, wenn er dem Publikum in einer Rede erklärt, warum wir heute nicht von “Faschismus”, sondern “nur” von “faschistoiden Tendenzen” sprechen könnten. Schade, dass in diesem transkulturellen Stück keine weniger direkte Verarbeitung gefunden wurde.
Fazit: Trotz spannender Symbole und Auseinandersetzungen wäre insgesamt weniger mehr gewesen. Top ist die Musik!
GESCHICHTEN AUS DEM WIENERWALD
von: Gintersdorfer/Klaßen
Musik: Natalie Ofenböck, Der Nino aus Wien
Mit: Annick Prisca Agbadou, Gotta Depri, Hauke Heumann, Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star, Natalie Ofenböck, Der Nino aus Wien
Fotos: © Alexander Gotter
„Mehr Informationen hier“: http://werk-x.at/produktion/geschichten-aus-dem-wiener-wald