Volx/Margareten /// 30. März 2019 /// Silver Surfer
Digital Natives und Digital Dinosaurs stellen sich zusammen der Frage: Ruinieren WhatsApp, Instagram, Facebook & Co. unsere Gesellschaft? Sie lassen unsere Emotionen abstumpfen, verkomplizieren Beziehungen, verderben unsere Sprache, schlucken so unendlich viel Lebenszeit und steigern das Suchtpotenzial nach mehr Aufmerksamkeit und Selbstinszenierung.
Diese Ansichten teilen nicht nur eine Vielzahl an Forscher_innen, sondern entpuppen sich auch als altbekannte Argumentationsstrategien dieser Menschen, die sich gegen das Unmögliche sträuben: Die Digitalisierung.
Mit der Frage, ob Digitalisierung wahrhaftig unser Verhalten und unseren Alltag negativ bestimmt und eine sozial verkümmerte Gesellschaft heraufbeschwört, beschäftigt sich die Inszenierung “Silver Surfer”, ein Projekt im Rahmen von #digitalnatives19 des Jungen Volkstheaters.
Eine sterile weiße Bühne, auf der sich unzählige futuristisch wirkende Lampen, die auf langen Ständer befestigt sind, befinden, wird zum Treffpunkt zweier Generationen: Den Digital Natives und den Digital Dinosaurs. Es handelt sich um eine heterogene Gruppe an Darsteller_innen, die sich durch den unterschiedlichen Zugang zur Digitalisierung auszeichnet – und doch so viele Gemeinsamkeiten teilen.
Anstatt das vielschichtige Thema aus einer ausschließlich dystopischen Perspektive zu beleuchten, macht sich die Inszenierung viel mehr zum Ziel, ähnliche Verhaltensmuster der Generationen in und außerhalb der digitalen Welt aufzuzeigen.
Humorvolle Dialoge zwischen der jungen und älteren Generation, gepaart mit unterhaltsamen Tanz- und Gesangseinlagen, entlarven die schmerzvolle Wahrheit: Sprachbarrieren, Mobbing und feige Schlussmach-Aktionen treten auch in der analogen Welt auf. Das zu oft propagierte Bild einer vergangenen Idylle ohne Social Network, wo friedlich, fröhliche Kinder in der Natur spielen, welche noch echte Werte, Traditionen und Benimmregeln kannten und keinen Trends von Influencer _innen nachhechteten, wird gänzlich verworfen.
Die knapp über eine Stunde dauernde Aufführung lenkt den Fokus auf die Tatsache, dass menschliche Unmoral und Unsittlichkeit auch schon vor der Digitalisierung existiert haben. Durch soziale Netzwerke erhalten diese aber erst eine gewisse Transparenz. Trotz Game, Fun und Socializing hinterlässt das Thema Digitalisierung einen bittersüßen Nachgeschmack. Mit dem Slogan „Big Brother is watching you“ wird das Problem der Speicherung unserer Daten eingeleitet, die für immer im digitalen Irgendwo kursieren. Am Ende schickt die Aufführung eine_n grübelnden Zuschauer_in nach Hause, der sich die Frage stellt: Wie viel Lebenszeit investiere ich in soziale Netzwerke? Und welche Spuren hinterlässt mein Konsum?
Es ist eine kurzweilige und vielversprechende Aufführung, bei der alle Darsteller_innen – egal ob jung oder alt – mit ihren Schauspielleistungen überzeugen und gekonnt das Publikum mitzureißen wissen. Schade ist, dass dem Phänomen Silver Surfer verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und die damit verbundenen Erfahrungen und Einstellungen zur Digitalisierung kaum im Detail ausgelotet werden.
SILVER SURFER
Ein Projekt im Rahmen von #digitalnatives19 des Jungen Volkstheaters mit vernetzten Senior_innen und Enkel_innen
Regie: Constance Cauers, Malte Andritter
Künstlerische Mitarbeit: Luca Perfahl
Bühne und Kostüme: Anna Feilkas
Musik: Willi Landl
Video: Johannes Gierlinger
Dramaturgie: Veronika Maurer
Schauspiel: Lena Balogh, Arian Bitschnau, Valentino Gallo, Ernst Havlicek, Daniel Kisielow, Peter Riediger, Fabian Rihl, Günter Schatzl, Ivanka Sulovsky, Fanny Tautscher, Renata Prokopiuk
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Bildrechte: (c) Barbara Pálffy / Volkstheater