Akademietheater /// 4. Dezember 2019 /// Der Henker
Am Abend vor seiner Hinrichtung will ein Mörder seinen Henker sprechen. Das Gespräch gestaltet sich dabei weit weniger philosophisch als erwartet.
Der Henker kommt dann auch, offenbart sich als pflichtbewusster Bürger, der nur seinem Beruf nachgeht. Darüber ist der Mörder fast noch mehr schockiert als über den Gedanken, tatsächlich gehängt zu werden. Denn wenn er schon ermordet werden soll, dann aus Leidenschaft, einer Emotion heraus. Hass, das würde er noch einsehen, aber aus Pflichterfüllung, das würde seine eigenen Lebensentscheidungen ad absurdum führen. Mit Hilfe einer Sexarbeiterin, wunderbar irritierend dargestellt von Sarah Viktoria Frick, gelingt es ihm dann auch eine für das Publikum unerwartete Wendung herbeizuführen. Die erwünschte Reaktion erhält er allerdings nicht.
Regisseurin Mateja Koležnik hat sich dazu entschieden, zwei Versionen des Einakters auf die Bühne zu bringen. Nach jeder Szene wiederholt sich diese in der zweiten Version. Die große Differenz liegt bei dem Hauptdarsteller Itay Tiran, der den Mörder spielt. In der ersten Version stellt er noch den nonchalanten Dandy dar, der Freude an seiner Tat empfindet und am Ende schon manische Züge trägt. In der zweiten Version ist er unsicher und von Angst erfüllt. Die Wechsel zwischen den beiden Versionen werden durch dezente Änderungen am Kostüm von Ana Savic-Gecan unterstützt.
Schön an dem Wechsel sind die unterschiedlichen Perspektiven auf Machtpositionen. Die Sexarbeiterin darf einmal devot und dann selbstbewusst sein. Ebenso der Staatsanwalt, beide immer in Reaktion auf den jeweils präsentierten Gemütszustand des Mörders. Am Ausgang ändern die unterschiedlichen Versionen leider nichts. Die dem Stück inhärenten Themen Todesstrafe und Rache werden abgearbeitet und lassen das Publikum mit der Diskussion über Pflichterfüllung zurück und was diese beinhaltet. Oder ist es am Ende nicht doch das System, welches unsere eigentliche Aufmerksamkeit verlangt? Eine kleine Erinnerung an die Zuseher*innen, das auch Pflicht einer Reflexion bedarf.
Fazit: Da in der Doppelung selbst das Ende gleich bleibt, zieht sich das Stück ein wenig. Bis auf wenige Auslassungen wird der Text penibel abgearbeitet, mehr Mut zur Variation wäre spannend gewesen.
DER HENKER
Maria Lazar
Schauspiel: Itay Tiran, Martin Reinke, Sarah Viktoria Frick, Hans Dieter Knebel, Gunther Eckes, Tilman Tuppy | Regie: Mateja Koležnik | Bühne: Raimund Orfeo Voigt | Kostüm: Ana Savic-Gecan | Musik/Komposition: Nikolaj Efendi | Licht: Norbert Piller | Dramaturgie: Sabrina Zwach
Mehr Informationen hier: https://www.burgtheater.at/produktionen/der-henker.
Fotos: © Matthias Horn