Werk X /// 16. Januar 2020 /// Die Arbeitersaga Teil II (Folge 3 & 4)
Wenn Johanna Dohnal aus dem Himmel herabsteigt und dem Patriarchat den Hintern versohlt, kann nur alles gut werden.
Ein weiteres Mal begleiten wir die Figur Rudi Blaha auf seinem Lebensweg in der Sozialdemokratie. In Folge 3, inszeniert von Martina Gredler, befindet sich Blaha endlich in den Höhen der Macht, verliert sich aber schnell in dem Skandal einer Müllverwertungsanlage, die in ihrer Kuriosität nur erfunden sein kann, aber, wie sich herausstellt, tatsächliche österreichische Geschichte ist.
“Boy you dig your political grave.”
Blaha, dargestellt von Lisa Weidenmüller, nimmt uns mit in die Problematik von parteiinternem Aufstieg, der gleichzeitig frei von parteiinterner Kritik sein soll. Sein Versuch, den Müllskandal zu vertuschen, scheitert. Höhepunkt dieser Folge ist, wenn Rudi Blaha in einem Alptraum von Johanna Dohnal, verstorbene SPÖ-Politikerin und Österreichs erste Frauenministerin, den Hintern versohlt bekommt. Kathrin Bieligk (Dramaturgie) und Bettina Schwarz (Johanna Dohnal) erhalten den Applaus verdient.
In Folge 4 begegnen wir einem desillusionierten Rudi Blaha, dem die nächste Generation in Form seiner Tochter im Rücken sitzt und Revolution begehrt. Ganz kann er sich noch nicht abwenden von den altbewährten Methoden seiner Zeit und fordert Skifahren für alle. Die elitär gewordene Freizeitbeschäftigung ruft in Zeiten von Klimawandel und Wasserknappheit allerdings nur Skepsis bei der Tochter hervor.
Folge 4 ist eine gelungene Krönung aller Teile, die Schauspieler*innen wechseln mit Leichtigkeit die Spielebenen, eine Metaebene nach der anderen wird durchlaufen, dabei leiten uns die Lieder emotional durch das Stück. Die Themen Macht und Gleichheit betreffen jede*n, der Kapitalismus wird als eine Ursache des Übels erkannt und definiert, an manchen Stellen entgleitet der schulmeisterische Finger allerdings ein wenig. Ernstes wird mit Humor aufgebrochen, ohne ins Sarkastische abzugleiten, die Inszenierung von Bernd Liepold-Mosser fängt uns ab, bevor ein Gefühlszustand zu heimelig wird. Die Sozialdemokratie ist tot, die Fehler sind jetzt vier Folgen aufgefächert und ihr Sterben seziert worden. Es sei der finalen Folge gedankt, dass sie uns Zuseher*innen nicht mit dem Kapitalismus, der als einzige Alternative im Raum stehen bleibt, allein lässt. Im Gegenteil, uns werden Lösungen angeboten. Manche mögen utopisch scheinen, aber wie wird so schön gesagt, sie müssen auch nicht alle richtig sein. Aber es ist wichtig, sich welche vorzustellen, denn wohin kämen wir ohne?
Fazit: Der teilweise sehr anspruchsvolle Text ist wunderbar eingebaut in eine rasante Inszenierung getragen von großartiger schauspielerischer Leistung, dazu singen Jana Schulz und Oliver Welter wunderschöne Lieder von alten und neuen Möglichkeiten.
DIE ARBEITERSAGA – TEIL 2 (FOLGE 3 & 4)
von Peter Turrini und Rudi Palla
– in einer Bearbeitung des WERK X nach der gleichnamigen ORF-Produktion
– eine Produktion des WERK X in Koproduktion mit dem Klagenfurt Festival
– Uraufführung
Team Folge 3:
Inszenierung und Textfassung: Martina Gredler | Bühne und Kostüm: Thea Hoffmann-Axthelm | Musik: Jana Schulz | Dramaturgie: Kathrin Bieligk | Mit: Annette Isabella Holzmann, Ines Schiller, Jana Schulz, Bettina Schwarz, Lisa Weidenmüller
Team Folge 4:
Inszenierung und Textfassung: Bernd Liepold-Mosser | Bühne und Kostüm: Thea Hoffmann-Axthelm | Musik: Oliver Welter | Dramaturgie: Kathrin Bieligk | Mit: Zeynep Buyrac, Peter Pertusini, Lara Sienczak, Sebastian Thiers, Oliver Welter
Mehr Informationen hier: https://werk-x.at/premieren/die-arbeitersaga-teil-ii/
Fotos: © Alexander Gotter