Theater Arche /// 07. November 2019 /// Mauer
Schutz suchen. Schutz finden. Begrenzt von Mauern sein. Kaum eine andere Thematik erzeugt eine hitzigere Diskussion über Grundsatzfragen unserer Gesellschaft. Doch im Theater werden die Diskussionen spielerisch abgewickelt. Text so massiv wie eine Mauer, und methodisch vielfältig wie Versuche eine Mauer zu überwinden. So präsentiert sich der Abend im Theater Arche.
Ausgehend von Tyl Hanschos Stück „Mauer“ macht Regisseur Jakub Kavin daraus eine Stückentwicklung mit Interviews und autobiografischen Elementen der Darsteller*innen. Es wird die Frage behandelt, welche physischen und psychischen Mauern uns heute, dreißig Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, einschränken oder auch beschützen.
Zu Beginn stehen alle Darsteller*innen in einer Reihe frontal zum Publikum und beobachten es. Die verschiedenen Muttersprachen der Darsteller*innen werden vor allem am Anfang stark eingesetzt, jedoch bleibt im weiteren Verlauf von der Idee der Mehrsprachigkeit immer weniger übrig und flacht ab. Der Mauerfall wird choreografisch dargestellt: Die Schauspieler*innen stehen in einer Reihe wie eine Mauer da und fallen in alle Richtungen auseinander, danach wird Text gesprochen. Diese Schleife wiederholt sich einige Male und ist mir dadurch besonders in Erinnerung geblieben. Musikalisch untermalt wird die Inszenierung von einem Schlagzeug und abwechselnd einer E-Gitarre oder einem E-Bass. Die Musik wirkt improvisiert und irritiert ein wenig. Die Emotionen, die die Musik erzeugt, passen sehr gut zu den Szenen.
Ich sitze im Theater und beobachte gespannt die ersten Momente von „Mauer“, bis sich die Darsteller*innen lösen und sich im Bühnenraum verteilen. Permanent passieren mehrere Dinge gleichzeitig auf der Bühne. In jeder Ecke eine andere Handlung. Ich weiß nicht, wo ich hinsehen möchte. Alles scheint wichtig. Ich versuche von Handlung zu Handlung, von Ecke zu Ecke, alles aufzugreifen. Ich habe Angst den Kontext zu verlieren. Es passiert zu viel zur selben Zeit. Das überfordert mich und ist frustrierend, denn ich möchte mich nicht anstrengen müssen, das ganze Geschehen einzufangen, wenn ich ins Theater gehe. Das Gefühl der Überforderung hält leider das Stück hindurch an, denn auch akustisch fallen einige Wörter oder Textpassagen unter den Tisch, was es anstrengend macht, sich den Text zusammenzusuchen.
Fazit: Die Inszenierung zeigt viele spannende Ansätze, die Gedanken und Fragen an unsere „Mauern“ aufgreifen und präsentieren. Ein sehr vielseitiger Abend, von dem am Schluss leider das Gefühl der Überforderung am Präsentesten bleibt.
MAUER
Eine Stückcollage von Jakub Kavin nach dem gleichnamigen Stück von Thyl Hanscho
Regie und Dramaturgie: Jakub Kavin| Kostüme: Erika Farina | Musik: Bernhardt Jammernegg, Tom Jost und Maksymilian Suwiczak | Regieassistenz und dramaturgische Mitarbeit: Odilia Hochstetter | Regiehospitanz: Christina Schmidl | Schauspiel: Pegah Ghafari, Eszter Hollosi, Bernhardt Jammernegg, Tom Jost, Jakub Kavin, Nagy Vilmos, Manami Okazaki, Agnieszka Salamon, Maksymilian Suwiczak und Ivana Veznikova
Mehr Infos zum Stück findet ihr hier: Klick!
Bildrechte: © Jakub Kavin