TAG /// 3. Oktober 2022 /// Onkel Wanja
Das TAG lockert das Stück von Tschechow mithilfe eines großartigen Ensembles durch Slapstick-Einlagen auf , ohne die gesellschaftskritischen Aspekte des Stückes zu vernachlässigen.
Ein Gutshof irgendwo in Russland: Während Onkel Wanja (Georg Schubert), aber vor allem Sonja (Ida Golda), den Hof führen, lebt der Kunstprofessor (Jens Claßen) aus ihrer Tasche. Dieser hatte sich, gemeinsam mit seiner jungen Frau Elena (Michaela Kaspar), die sowohl Wanja als auch der Arzt Atstrov (Andreas Gaida) begehren, bei seinem ehemaligen Schwager und seiner Tochter einquartiert. In der Spannung zwischen Alkohol, sexueller Anziehung und ökonomischen Zwängen kommen die inneren Konflikte der unterschiedlichen Charaktere zum Vorschein.
Die Personen sind mit ihrem Leben unzufrieden, den einzigen Ausweg sehen sie im Alkohol, den vor allem Wanja und Astrov ausreichend konsumieren. Auch die Frauen können trotz Kritik an dieser Sucht der Versuchung nicht widerstehen: Bei ihnen führt der Wodka aber zu einem Austausch untereinander, dem Aufbau eines gegenständigen Verständnisses und Solidarität trotz ihrer großen Unterschiede.
Im Gegensatz dazu lässt der Alkohol die beiden Männer noch aggressiver um die Gunst von Elena buhlen. “Lassen Sie mich über meine Lust sprechen.” Die Begehrte ist zwischen Anziehung und Treue zu ihrem neurotischen Mann zerrissen. Als es zu Küssen zwischen Wanja und Elena sowie Astrov und Elena kommt, ist nicht klar, ob diese konsensual waren oder nicht. Die Männlichkeit wird in der Inszenierung von Arturo Valudskis durch ein Gewicht symbolisiert, das die Männer versuchen anzuheben und über die Bühne zu bewegen, was ihnen unterschiedlich gut gelingt. Schließlich ist es aber Elena, der es leicht fällt, das Gewicht zu tragen und so einen starken Gegensatz zur aggressiven Männlichkeit zu setzen.
Ansonsten ist die Bühne nur mit einem Tisch, der aufgestellt auch als Sichtschutz dient, und einigen Sesseln vor dunklem Hintergrund geschmückt. Obwohl nur in wenigen Szenen das gesamte Ensemble spielt, sind alle Schauspieler:innen immer präsent, da sie im Hintergrund mit Rücken zum Publikum sitzen. Gemeinsam mit den düsteren Farben unterstreicht das die Tristesse der Provinz, in der die Charaktere aber nicht ohne einander können. Verstärkt wird das durch den gemeinsamen Gesang von melancholischen russischen Liedern.
Dafür, dass die Melancholie nicht überbordend wird, sorgt eine großartige Choreographie mitsamt Slapstick, Tanzeinlagen, dem Gebrauch von weiteren Requisiten und der komödienhaften Darstellung von Nebenpersonen. Diese oft sehr langen Szenen bleiben dank des fantastischen Ensembles, allen voran Michaela Kaspar, Jens Claßen und Andreas Gaida, kurzweilig.
Fazit: Dem TAG gelingt es von “Onkel Wanja” sowohl die Melancholie als auch den Spaß hervorzuholen, einige Symbole bleiben jedoch unklar und im Endeffekt hätten der 2,5 Stunden langen Vorstellung einige Kürzungen gut getan.
ONKEL WANJA
Von Anton Tschechow
Fassung und Regie Arturas Valudskis
Textfassung: Arturas Valudskis | Regie Arturas: Valudskis | Ausstattung: Alexandra Burgstaller | Dramaturgie: Tina Clausen | Regieassistenz: Renate Vavera | Kostüm- und Requisitenbetreuung: Daniela Zivic | Lichttechnik: Katja Thürriegl | Bühnentechnik: Hans Egger, Andreas Wiesbauer, Manuel Sandheim | Mit: Jens Claßen | Andreas Gaida | Ida Golda | Michaela Kaspar | Georg Schubert
Mehr Informationen hier: https://www.dastag.at/onkelwanja
Fotos © Anna Stöcher