Theater Drachengasse /// 31. Jänner 2024 /// Titanic oder wie tief kann man sinken
“Titanic oder wie tief kann man sinken”, das Siegerstück des Nachwuchswettbewerbs der Drachengasse, verknüpft in einer bewundernswerten One-Woman-Show die popkulturelle “Titanic” thematisch mit kreativen Ideen.
Der Beginn der Vorstellung dient zur Verortung: “Wie kann ich euch erklären, wie kalt es ist?”, fragt sich die einzige Darstellerin Alicia Peckelsen, ehe sie nach Möglichkeiten sucht, uns die Kälte des Aprils 1912 begreifbar zu machen. Sektschaum hilft ihr schließlich dabei, die Szenerie im weiten Nordatlantik genauer zu beschreiben. Das ist eine der vielen unkonventionellen, kreativen Interventionen des Abends, der uns verschiedene Aspekte des Titanic-Unglücks näher bringt.
Da ist einerseits die tatsächliche Dramatik: Das oft wiederholte “größte bewegliche Objekt”, das nach der Kollision mit einem Eisberg untergeht, wobei durch menschliches Versagen weniger Menschen als möglich gerettet werden konnten. Die Passivität der Besatzung und die damit einhergehende Ausweglosigkeit wird durch den Diaprojektor vermittelt, dessen, durch Peckelsen weitergeschaltete Folien die verlorene Zeit nach dem Zusammenstoß abzählen: “30 Minuten nach Eisberg”, “40 Minuten nach Eisberg”, ohne dass die Mannschaft handelt.
Auf der anderen Seite ist “Titanic” als Film von James Cameron ein Teil der Popkultur, dessen Wissen vorausgesetzt wird. Das Produktionsteam (Lea Marlen Balzer, Henry Boebst, Sarah Heinzel, Alicia Peckelsen) spinnt die Anspielungen auf die tatsächlichen Dialoge weiter und gibt Jack und Rose oberflächliche Teeniedialoge. Verweise auf die berühmte Tür, auf der mehr als eine Person Platz gehabt hätte, dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Schließlich stellt “Titanic oder wie tief kann man sinken” spannende inhaltliche Verknüpfungen her. Die Reise eines pakistanischen Teenagers zum 2023 verunglückten U-Boot “Titan” wird über Sprachnachrichten erzählt. Länger dauert es, um die Szenen einzuordnen, die von Dädalus und Ikarus der griechischen Mythologie handeln. Am Ende wird klar, dass diese eine gute Verbindung zur menschlichen Überheblichkeit darstellen.
Komplett ausgenutzt wird der (kleine) Raum des Bar&Co: Alicia Peckelsen hüpft zwischen ihren verschiedenen Rollen von einer Bühnenseite zur nächsten und hält in einer irritierenden Szene eine Rauchpause am Balkon. Schließlich landet sie in ihrer Doppelrolle als Jack-Rose an der Bar mit schiefen Gläsern, bevor das Stück nach nur einer Stunde abrupt endet.
Fazit: Ein Stück, das für viele interessante, lustige, aber auch irritierende Momente sorgt, die aufgrund der kurzen Spielzeit nicht weiter ausgeführt werden können.
TITANIC ODER WIE TIEF KANN MAN SINKEN
nach James Cameron
Uraufführung
Eine Koproduktion mit Theater Drachengasse
Ju|ry- und Publikumspreis Nachwuchswettbewerb 2023
Regie, Text: Lea Marlen Balzer | Dramaturgie: Sarah Heinzel | Bühne, Kostüm: Henry Boebst | Es spielt: Alicia Peckelsen
Mehr Informationen hier: Theater Drachengasse
Foto: Rita Newman