Yellow Cat Theatre im Theater Arche /// 18.Jänner 2022 /// Die Troerinnen
Frauen sind immer die Leidtragenden des Krieges – auch im alten Troja, vom Yellow Cat Theatre in ein Gefängnis übertragen, in dem junge und alte, reiche und arme Frauen zusammenkommen, um ihr Schicksal zu beklagen.
Troja ist gefallen, von den Griechen durch eine List eingenommen, als die Stadtbewohner*innen schon im Siegestaumel waren. Die Männer sind getötet, die Frauen gefangen genommen – Sie werden unter den siegreichen Kriegern verlost. In einem Gefängnis warten einige von ihnen auf ihr Schicksal, alle haben sie Familienmitglieder verloren, alle wurden sie vergewaltigt. Doch nicht nur einfache Frauen, wie die schwangere Chia oder die stumme Agatha, sind anwesend, sondern auch Königin Hekabe, Andromache, Hektors Frau, und Kassandra, Königstochter und verfluchte Seherin. Die Frauen sehen sich Tod und Versklavung ausgesetzt, denken über das Leben nach und versuchen die griechische Gefängniswärterin milde zu stimmen.
„Die Troerinnen“ wurde zum ersten Mal für die Tragödien 415 v.Chr. von Euripides verfasst und 1965 von Jean-Paul Satre überarbeitet. Die Aufführung des Yellow Cat Theatres im Theater Arche überträgt das besiegte Troja ins 21. Jahrhundert: Hektor wurde mit einem Auto um die Stadtmauern geschleift, die Gefängnisaufseher*innen tragen Gewehre und verpflegen die Gefangenen mit Sandwiches, Troja versinkt im Bombenhagel. Oft sind es nur einzelne Worte, welche die Geschichte in die Gegenwart bringen, manche lustige Anspielungen kommen jedoch an unpassenden, emotional intensiven, Momenten.
Leider verbleibt die Modernität bei Worten und schlägt sich nicht in den Dialogen wieder: Die Frauen werden weiterhin vor allem in ihrer Rolle als Gattinnen und Mütter definiert. Die Trauer um ihre Kinder, vor allem Söhne, und Ehemänner nimmt den größten Teil der Dialoge ein, nur vereinzelt ist Frauensolidarität spürbar. Schade, dass im 21. Jahrhundert von einer freien Theatergruppe nicht die Gelegenheit ergriffen wurde, solche Stereotype im Rahmen der Inszenierung aufzubrechen. Ebenso wenig wurde die herrschende Ordnung angegriffen, die Hauptpersonen stammen aus dem Königshaus. Ihre Sorgen werden behandelt, während die Frauen aus dem Volk namen- und geschichtslos bleiben und vor allem Hekabe, Andromache und Kassandra bemitleiden.
Es sind aber auch die Mitglieder des Königshauses, die schauspielerisch strahlen. Allen voran Viktoria Rottensteiner in ihrer Doppelrolle als Athene und Helena, welche die oft verhasste Frau mit so viel Keckheit, Selbstbewusstsein und sex appeal spielt, dass aus der frivolen Helena eine fesselnde, sympathische Frau wird. Anders bei Hekabe, ihrer Schwiegermutter, im Stück verkörpert von Johanna Meyer als Politikerin im Business-Kostüm: Ihre Gefühle, Einstellungen und Reaktionen sind nicht nachvollziehbar. Überzeugend ist auch die Darstellung von Kassandra durch Helena May Heber als rebellische Tochter, die als einzige auch eine Empathie zur stummen Agatha zeigt, sowie Jennifer Gross als Andromache, deren Schmerz über den Tod ihres Mannes und Sohnes bewegt.
Fazit: Interessantes Stück, das mit einigen großartigen Schauspieler*innen besticht, aber inhaltlich alt bleibt.