Theater in der Josefstadt /// 30. Jänner 2020 /// Zwischenspiel
Ehe – Sex = Freundschaft? In Schnitzlers “Zwischenspiel” wie heute sorgt diese Gleichung für Komplikationen: Man(n) will das, was man(n) nicht haben kann.
In der Ehe zwischen dem Kapellmeister Amadeus (Bernhard Schir) und der Opernsängerin Cäcilie (Maria Köstlinger) ist Routine eingekehrt. Um der Verführung anderer Frauen nicht länger widerstehen zu müssen, schlägt er vor, aus der Ehe eine Kameradschaft zu machen. Doch als Amadeus erfährt, dass seine Gattin Dank ihres vermeintlichen neuen Liebhabers aufblüht, wird er entgegen der festgesetzten Regeln eifersüchtig.
In Zeiten, in denen herkömmliche Beziehungskonzepte zunehmend hinterfragt werden, ist Schnitzlers “Zwischenspiel” aktuell und Eifersucht häufig ein Problem in diesen Arrangements. Das Stück könnte auch im 21. Jahrhundert spielen, wenn da nicht das Siezen zwischen Amadeus und Cäcilie und ihrem befreundeten Ehepaar Albertus (Josef Lorenz) und Marie (Martina Stilp) wäre. Kostüme und Requisten schwanken zwischen historisch und zeitgenössisch. Überlebensgroße Fensterspiegel prägen das Bühnenbild, sie sollen wohl das Innenleben der Hauptdarsteller*innen kennzeichnen, was jedoch nur in wenigen Stellen konsequent umgesetzt wird. Sie täuschen aber nicht darüber hinweg, dass sich die erste Hälfte der Aufführung langwierig anfühlt: Ein Kürzung des Textes hätte die ehelichen Diskussionen intensivieren können. In der zweiten Hälfte gelingt es jedoch Schier und Köstlinger ihre Rollen facettenreich zu präsentieren. Der Erstgenannte und Lorenz schaffen es aus Schnitzlers Text mit Zynismus auch Humor hervorzuholen.
Trotz der Erstaufführung im Jahr 1905 sind vergleichbare Geschlechterverhältnisse auch heute nach wie vor denkbar: Zwar wirken Amadeus und Cäcilie gleichberechtigt, doch der Vorschlag einer Eheunterbrechung kommt vom Mann. Dieser erträgt aber nicht, dass seine Frau einen Liebhaber hat. Seine Eifersucht argumentiert Amadeus nicht mit Liebe, sondern mit Besitzdenken. Dasselbe Besitzdenken, dass zu Gewalt und in weiterer Folge Frauenmorden führen kann. So weit kommt es nicht in der Josefstadt, aber Schir deutet mit ein paar Handgriffen Amadeus´ Wunsch nach Macht über den Körper der Gattin an. Erst als er erfährt, dass sie ihm doch treu war und nicht “beschmutzt” wurde, will er die klassische Beziehung zurück. Cäcilie jedoch trifft die Entscheidung, die Ehe nicht weiterzuführen. Obwohl sie ihre Unabhängigkeit wählt, sieht man sie in der letzten Szene weinen: Emotion steht nicht im Gegensatz zu Stärke.
Fazit: Nach einer langatmigen ersten Hälften ist die zweite Hälfte inhaltlich und schauspielerisch stark, insgesamt bleibt die Inszenierung aber verstaubt – da wäre noch mehr möglich gewesen!