Halle G im Museumsquatier /// 28. Mai 2019 /// Five Days in March Re-creation
Im stetigen Wechsel zwischen dem Ich und dem Er als Perspektive, erzählt eine Gruppe junger Japaner_innen von Kinobesuchen, schäbigen “Love Hotels”, drei dutzend Kondomen, unaufhörlichem Sex und ganz nebenbei: vom Krieg.
Fünf Tage in einem Hotel, in welchem gerade mal der Hunger die zwei sich eigentlich fremden Menschen kurzzeitig vom Sex abhalten kann. Geschätzt drei dutzend Kondome gehen dabei drauf und trotzdem scheinen die beiden kaum genug zu bekommen – so die Erzählungen der Jugendlichen. Das alles passiert, während Krieg durch die Welt zieht und Fotos von zerbombten Veteran_innen Passant_innen aufgedrängt werden und so die scheinheilige Idylle vor einem Disney-Store zerstören. Der Inhalt des Stückes schafft einen deutlichen Kontrast zwischen Sex, Apathie, Angst und Krieg. Kontrast gibt es aber auch zwischen Text und Bühne, denn wo der Inhalt provoziert, bleibt die Inszenierung geradezu zurückhaltend.
Ein Stück in einer fremden Sprache (in diesem Fall Japanisch) bringt leider immer eine gewisse Distanz mit sich, die durch die Notwendigkeit von Übertiteln erzeugt wird. Toshiki Okada schafft es aber, diese Barriere aufzulösen, indem er eine andere Sprache benutzt: Farbe und Licht.
Die Bühne ist im Wesentlichen kahl. Es gibt keinerlei Requisiten, aber mit jeder wechselnden Stimmung, jedem neuen Mono- oder Dialog, taucht das Licht die Bühne in neue Farben und bekommt so eine neue Wertung. Während also eine junge Frau immer mehr in Selbstmitleid und Scham über ihren missglückten Anbagger-Versuch versinkt, färbt sich die Bühne erst dezent blau und dunkelt dann immer stärker ab, bis die gesamte Bühne ein dumpfes, depressives Violett-Türkis bekommt.
Genauso gegensätzlich, wie sich beim Bühnenbild die fehlenden Requisiten und das außergewöhnlich wirkungsvolle Licht gegenüberstehen, hält es sich auch bei den Schauspieler_innen: Ihre Mimik ist ausdruckslos, man könnte fast sagen “nicht vorhanden” und im Kontrast dazu vollbringen ihre Körper ungewöhnlich große, ziellose Bewegungen, die unnatürlich wirken. Diese künstlerische Affektiertheit hat die Inszenierung perfekt unterstützt, indem sie suggeriert, dass sich nur allein ihre Körper von der Maske der Apathie loslösen und zum Ausdruck bringen, was sie mit Worten nicht können.
Fazit: Die befremdlichen Bewegungen, die Farbwechsel und die lichttechnischen Untermalungen sind in ihrer Wirkung sehr stark und man hat erst durch die “fehlenden” Requisiten den notwendigen Raum, sich bewusst auf solche Details zu konzentrieren. Nicht jede_r schafft künstlerische Gestaltung und starken Ausdruck mit nur wenigen Mitteln der optischen Inszenierung. Okada hat damit ein kontrastreiches Theaterstück geschaffen, welches trotz Sprachbarriere auf vielen Ebenen verständlich ist.
FIVE DAYS IN RE-CREATION
Text, Regie: Toshiki Okada
Schauspiel: Chieko Asakura, Riki Ishikura, Yuri Itabashi, Ayaka Shibutani, Ayaka Nakama, Leon Kou Yonekawa, Manimi Watanabe
Bühne: Torafu Architects
Technische Leitung: Koro Suzuki
Licht: Tomomi Ohira (ASG)
Ton: Norimasa Ushikawa
Kostüm: Kyoko Fujitani (FAIFAI)
Regieassistenz: Mana Inukai
Englische Übersetzung: Aya Ogawa
Fotos: Kenta Cobayashi
Associated Production: precog co.,LTD.
Executive Producer: Akane Nakamura
Chief Producer: Tamiko Ouki
Administration: Mai Hyodo
Producer: Megumi Mizuno
Associate Producer: Takafumi Sakiyama
Administrationsassistenz: Minako Iwai, Sara Gunnare, Saki Miwa
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Bildrechte: © Misako Shimizu