Theater an der Wien /// 07. Juni 2019 /// Sopro
Eingebettet in die Entstehungsgeschichte des Stückes erzählt die Souffleuse Cristina Vidal Ausschnitte aus ihrem Leben am Theater.
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Die schwarze Kleidung der Dame auf der Bühne steht im Kontrast zu den weißen Seiten, des Skriptes in ihren Händen. Sie geht auf der Bühne auf und ab, bis sich das Licht dimmt und hinter den langen, leichten Vorhängen im Hintergrund die erste Schauspielerin hervortritt. Kurz vor den ersten gesprochenen Worten hört man ein Flüstern, welches nur Sekunden nach seinem Erklingen durch die Stimme der Schauspielerin übertönt wird.
Vidal hat 39 Jahre lang souffliert und Geschichten gesammelt, die ihrem alten Theaterhaus wieder Leben einhauchen. Diese flüstert sie den Darsteller_Innen zu, welche sie dann hörbar dem Publikum weitergeben. Diesmal arbeitet Vidal nicht aus ihrem stillen Kämmerlein heraus, sondern befindet sich durchgehend direkt im Rampenlicht.
Durch die authentische Darbietung ist es zu Anfang gar nicht so ersichtlich, ob den Schauspielern_innen tatsächlich souffliert wird. Das kann allerdings spätestens in den Szenen, in denen mehr als drei Personen mitspielen verneint werden, da manche Passagen ohne Soufflieren gesprochen werden. Dennoch ist die unscheinbare Souffleuse der Kern des gesamten Stückes. Es scheint fast als würde sie die Schauspieler_innen mit ihren Worten und Gesten wie Schachfiguren über die Bühne bewegen.
Ihre eigenwillige Verbindung zu den Künstler_innen wird zum ersten Mal auch zum Thema auf der Bühne. Sie als Rettungsanker der im Rampenlicht Stehenden stellt die Personen dar, die am Rand scheinbar nur zusehen. Dieses Sprachrohr wird genutzt um genau auf diese leisen „Helfer_innen“ aufmerksam zu machen. Menschen die hinter den Kulissen dafür sorgen, dass die Illusion bei den Zuseher_innen ankommt. Auch manchmal mit ein paar Patzern. So erzählt sie von ihrer ersten Premiere, bei der man sie bis in die dritte Reihe des Publikums hören konnte. Oder den aufbrausenden Schauspieler, der die Tür zur Bühne öffnete hinter der sie soufflierte und ihr ihrer erste einminütigen Bühnenerfahrung bescherte.
„Wenn mir jemand zu meiner Arbeit gratuliert, bedeutet das für mich Misserfolg.“
Tiago Rodrigues inszeniert ein unterhaltsames Stück, indem man viel lacht, aber auch eine ernste Miene aufsetzen kann. Die Geschichten reichen von Situationen mit einem halb tauben Darsteller, über verbotene Liebe bis hin zu Kindheitsanekdoten. Auch Tod und Verlust spielen eine Rolle.
Fazit: Sopro ist ein unterhaltsames Stück, welches einen neuen Blick auf Theater zulässt. Die zwei Stunden Spielzeit ziehen sich ein wenig, auch durch die notwendigen Übertitel, die nach einiger Zeit mühsam zu lesen sind. Das gleichen die Witze und humoristische Inszenierung jedoch locker aus. Zum Ende des Stückes will ich nur sagen: Wie man den finden soll, bleibt, denke ich, jedem_r selbst überlassen…
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SOPRO
Konzept, Regie: Tiago Rodrigues
Mit: Beatriz Brás, Clara Bolito, Cristina Vidal, Isabel Abreu, Marco Mendonca, Romeu Costa
Bühne, Licht: Thomas Walgrave
Kostüm: Aldina Jesus
Ton: Pedro Costa
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Mit Unterstützung von Onda – Office national de diffusion artistique
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Fotos: Filipe Ferreira
Weitere Infos: https://www.festwochen.at/programm/produktionen/detail/sopro/