Volx/Margareten /// 17. März 2019 /// Opernball
Im Jahr 2019, in dem die FPÖ den Innenminister stellt und rechte Parteien weltweit großen Zuwachs verzeichnen, ist Josef Haslingers Roman “Opernball” 24 Jahre nach seiner Veröffentlichung brandaktuell und wird in seiner Uraufführung auf der Bühne zu großem Theater.
Eine rechtsextreme Gruppierung begeht einen Giftgasanschlag auf den Opernball, bei dem hunderte Menschen sterben, darunter die gesamte österreichische Bundesregierung. Über die Fernsehübertragung ist die Bevölkerung live bei der Katastrophe dabei, auch der Kriegsreporter Kurt Fraser muss seinem Sohn live beim Sterben zusehen.Unter Mithilfe der Polizei gelingt es den Terroristen den Diskurs so sehr auf ihre ausländerfeindlichen Parolen zu lenken, dass bei den Neuwahlen die rechte Partei siegt.
Das Attentat und die nachfolgenden politischen Entwicklungen sind jedoch nur die Hintergrundhandlung: Im Zuge der filmischen Recherche Kurt Frasers werden auf meisterhafte Weise die Erzählungen des Journalisten, eines Polizisten und eines Mitglieds der Terrorgruppe auf unterschiedlichen Zeitebenen miteinander verknüpft. In nur zwei Stunden Spielzeit entsteht so mit Vor- und Rückblenden eine dichte Handlung über die Entstehung und Entwicklung einer faschistischen Bewegung und der Rahmenbedingungen, welche zu solch einer Katastrophe wie jener in der Staatsoper führen konnten. Dabei gelingt es Regisseur Alexander Charim, die komplexe Handlung verständlich zu vermitteln, ohne, dass die Szenen ihre Intensität verlieren.
Um die mediale Recherche Kurt Frasers zu unterstreichen, werden die Erzählungen seiner Interviewpartner auf einigen Bildschirmen übertragen. Aber nicht nur diese sind, wie auch die restliche Ausstattung, aus 1995, dem Veröffentlichungsjahr des Romans, auch inhaltlich führt das Werk keinerlei aktuelle Bezüge ein. Das mag mit Werktreue argumentiert werden, man könnte es aber auch mangelnden Mut nennen, im Jahr 2019 nicht auf die momentanen politischen Entwicklung und rechtsextreme Tendenzen hinzuweisen. Das hätte gar nicht mit der Brechstange, sondern subtil erfolgen können: Statt “Ausländer” hätte die rechte Bewegung “Flüchtlinge” jagen und der rechte Innenminister statt Elektroschocks Polizeipferde einführen können.
Trotz der mangelnden Aktualität kann sich das das Publikum der Betroffenheit dennoch nicht entziehen: Zu glaubhaft werden die unterschiedlichen “Typen” der Rechtsextremen gezeigt, zu “österreichisch” ist die gesamte Szenerie, mitsamt perfektem Dialekt, zu unangenehm ist die Direktheit, mit der die Charaktere ihre brutalen Gewalttaten beim “Gürtelputzen” gegenüber Migrant_innen beschreiben.
Dazu trägt auch die grandiose Schauspielleistung der ausnahmslos männlichen Besetzung bei: Jeder Schauspieler schafft es, seinen Hauptcharakter auf facettenreiche Weise zu interpretieren und gleichzeitig auch in den Nebenrollen überzeugend zu bleiben.
So gelingt ein fesselndes Stück, das unter der Mitarbeit des DÖW zeigt, wohin Ausländerhass führt und das Rechtsextremismus als Problem der Gesellschaft thematisiert.
OPERNBALL
Bühnenfassung von Alexander Charim und Heike Müller-Merten
Regie: Alexander Charim
Bühne und Kostüme: Ivan Bazak
Dramaturgie: Heike Müller-Merten
mit Bernhard Dechant, Thomas Frank, Rainer Galke, Sebastian Klein, Stefan Suske, Lukas Watzl
Fotos: © BARBARA PALFFY
mehr Informationen hier: http://www.volkstheater.at/stueck/opernball/